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Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Laurenz Görres

Bonds und Guarantees sowie Avale im Auslandsbau

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Guarantees

Avalkredite

Arten von Bürgschaften bzw. Guarantees


Einleitung 

Bei Geschäften bzw. Vertragsbeziehungen, die keinen zeitgleichen Austausch von Leistung und Vergütung vorsehen, sollte die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen der Vertragspartner gegenseitig abgesichert werden. Dies gilt insbesondere für Bauverträge, bei denen es sich um Langzeitverträge für komplexe Projekte handelt, welche bei Vertragsschluss häufig nicht zu Ende geplant sind und die somit besondere Risiken aufweisen und anfällig für Vertragsverletzungen sind.

Bei solchen Projekten gilt, dass:

  • eine Vertragpartei immer in Vorleistung gehen wird und auf die Erfüllung der damit verbundenen Forderungen durch die andere Vertragspartei wird warten müssen.
  • beide Vertragsparteien für längere Zeit aneinander gebunden sind, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und diese vollumfänglich zu erfüllen.

Daraus ergeben sich zwei Erwartungen, die auf gegenseitigem Vertrauen der Vertragspartner basieren:

  1. Vergütung bzw. Kompensation von erbrachten Vorleistungen und
  2. Vertragserfüllung bis zum Vertragsende.

 

Darstellung Leistungsaustausch-Risiko im Außenhandel

Quelle: eigene Darstellung

 

Zur Absicherung der Vertragspartner vor einem Missbrauch des Vertrauens und einer mangelhaften Vertragserfüllung eignen sich im Aussenhandel Bonds (resp. Bürgschaften) und insbesondere Garantien.

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Guarantees resp. Warranties

Um die Abwicklung von Geschäften abzusichern, werden im internationalen Handels- und Wirtschaftsverkehr hauptsächlich Guarantees bzw. Warranties an Stelle von Bürgschaften (Bonds) vereinbart. Solche "Guarantees" bzw. "Warranties" ähneln in Deutschland den "Garantien". Solchen Garantien liegen i. d. R. Vertragsbeziehungen unter drei Parteien wie bei Bürgschaften zugrunde. Es wird auch von einer "Garantie durch einen Dritten" gesprochen. Dabei gibt es den Garanten (meist eine Bank mit unbestrittener Bonität oder eine Versicherungsgesellschaft), den Begünstigten (Gläubiger) und den Auftraggeber der Garantie (Hauptschuldner).

Die Garantie (die im deutschen Gesetz im Gegensatz zur Bürgschaft keine speziell auf sie abgestimmte Regelung erfährt) ist ebenfalls ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag mit einem - im Gegensatz zur Bürgschaftserklärung - formfreien Versprechen des Garanten, dem Begünstigten für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen. Als Gegenstand dieses Versprechens kommt in Betracht die Erfüllung von Leistungs- und Zahlungsverpflichtung eines Dritten, die dieser in einem anderen Vertrag (hier etwa dem Werkvertrag zwischen AG und AN) übernommen hat.

Siehe dazu die folgende Darstellung:

 

Darstellung Prinzip Garantien

Quelle: eigene Darstellung

 

Es besteht also eine gewisse Nähe zur Bürgschaft. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal besteht darin, dass die Garantie ihrem Wesen nach unabhängig vom Bestand einer Hauptschuld und sogar dann wirkt, wenn eine solche nicht entstanden ist (vgl. BGH, in NJW 1996, S. 2569). Der Garant haftet ferner völlig unabhängig davon, aus welchen Gründen der (garantierte) Erfolg nicht eingetreten ist, insbesondere, ob ein Hauptschuldner dies zu vertreten hat. In diesem Sinne ist das Garantieversprechen vom etwa zugrunde liegenden Grundgeschäft losgelöst bzw. entkoppelt. Einwendungen oder Einreden aus dem Grundgeschäft können die Haftung aus dem Garantieversprechen nicht mindern oder gar aufheben. Es wird deshalb auch von einer "abstrakten Haftung" gesprochen.

Aus diesem Grund kann etwa ein von einer solventen Bank zur Sicherung eines Zahlungsanspruches gegebenes Garantieversprechen fast wie Bargeld angesehen werden. Für den Schuldner der garantierten Verbindlichkeit, auf den die Bank auf der Grundlage des mit diesem geschlossenen Vertrages (Garantieauftrag) wegen ihrer Leistung zugreifen wird, bedeutet dies, bei der Wahl der Sicherungsmittel äußerst vorsichtig zu sein und die Vertragsbeziehungen sorgfältig zu verhandeln. Für den Schuldner (Auftragnehmer) ist es besser, selbstschuldnerische Bürgschaften oder notfalls Bürgschaften mit umfassenden Einredeverzicht zu stellen. 

Es ist ferner festzuhalten, dass der Grad der Absicherung eines Gläubigers von der Ausfallbürgschaft über die selbstschuldnerische Bürgschaft und die Bürgschaft auf 1. Anfordern hin zur Garantie steigt.

Abschließend ist anzumerken, dass eine in Anspruch genommene Garantie (oder Bürgschaft) sich direkt auf das Vermögen bzw. die Liquidität des Auftragnehmers auswirkt. Er wird deshalb bemüht sein, eine "Inanspruchnahme der Garantie" durch den Auftraggeber zu vermeiden und somit seiner vertraglichen Leistungspflicht nachkommen. Außerdem wird der Auftragnehmer in der Angebotsphase gegenüber dem Auftraggeber versuchen:

  • die Garantie-/Bürgschaftssummen immer so klein wie möglich zu halten (da durch die Garantie/Bürgschaften sein Kreditrahmen direkt belastet wird) und
  • die Inanspruchnahme einer Garantie/Bürgschaft durch den Auftraggeber zu erschweren, indem er möglichst präzise Vereinbarungen treffen wird, unter welchen Voraussetzungen der Gläubiger den Bürgen in Anspruch nehmen darf.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird zwischen Bürgschaft und Garantie nicht immer klar unterschieden. Gleichwohl lässt die Praxis den Trend erkennen, im nationalen Baugeschäft Bürgschaften und im internationalen Auslandsbau Garantien als Sicherheiten zu stellen.

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Avalkredite

Bürgschaften und Garantien werden im (internationalen) Handels- und Geschäftsverkehr üblicherweise über Avalkredite zur Verfügung gestellt. Bei einem Avalkredit übernimmt die Bank die Haftung für die Verbindlichkeit des Kunden (→ Schuldner) gegenüber dem Gläubiger und stellt diesem die geforderte Bürgschaft oder Garantie aus. Die Bank wird dem Schuldner dabei eine Kreditleihe gewähren.

Die Kreditleihe ist kein tatsächlicher Kredit, weil kein Geld zur Verfügung gestellt wird, solange der Gläubiger die Bürgschaft oder Garantie nicht in Anspruch nimmt. Sie ist insofern nur ein Kreditversprechen, das durch die Kreditwürdigkeit der Bank (→ Bonität der Bank) dem Gläubiger garantiert wird. Die Bank versucht sich bei diesem Geschäft schadlos zu halten, indem sie eine Keditleihe nur an Kunden vergibt, die ihrerseits eine hohe Bonität aufweisen.   

Im Umkehrschluss folgt daraus, dass ein Schuldner, der dem Gläubiger keine Bürgschaft oder Garantie stellen kann, eine niedrige Kreditwürdigkeit haben muss, da die Banken nicht gewillt sind, ihm eine Kreditleihe zu gewähren. Das Ausstellen einer Bürgschaft oder einer Garantie für einen Gläubiger geht somit gleichzeitig einher mit einer Kreditwürdigkeitsprüfung des Schuldners durch die Bank.

Die Kosten (= Avalprovision) für den Avalkredit muss der Schuldner tragen.

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Arten von Bürgschaften bzw. Guarantees / Warranties

Für ein Bauprojekt sind zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer verschiedene Bürgschaften bzw. Garantien zu erbringen. Überwiegend hat dabei der Auftragnehmer (Unternehmer) für die verschiedenen Phasen des Projektes dem Auftraggeber (Bauherrn) Sicherheitsleistungen zu stellen. Auf Seite des Bauherrn kann eigentlich nur seine Verpflichtung zur Vergütung der Bauleistung gegenüber dem Auftragnehmer abgesichert werden (Zahlungsbürgschaft/-garantie). Da im Auslandsbau aber Vorauszahlungen des AG an den AN üblich sind, erübrigt sich häufig eine entsprechende Bürgschaft oder Garantie des AG.

Die wichtigsten Bürgschaften bzw. Garantien im Bauwesen nach Bauphasen:

 

Darstellung möglicher Bürgschaften nach Bauphasen

Quelle: eigene Darstellung

 

Die folgenden Bürgschaften bzw. Garantien sind üblich:

  • Bietungsbürgschaft/-garantie
    (engl.: bid bond, tender guarantee, provisional guarantee)

    Die Bietungsbürgschaft dient dazu, die "Ernsthaftigkeit" eines Angebotes zu garantieren und soll verhindern, dass der Bieter nach der Zuschlagserteilung durch den Besteller sein Angebot, aus welchen Gründen auch immer, zurückziehen oder abändern möchte.
    Falls der Bieter sich weigert, sein vom Besteller angenommene Angebot auszuführen, kann der Besteller die Bürgschaft des Bieters in Anspruch nehmen und dadurch seinen evtl. Schaden (z. B. für eine Neuausschreibung) decken. Die übliche Höhe der Bietungsbürgschaft liegt bei 1% bis 5% der Angebotssumme.
    Die Bietungsbürgschaft ist mit dem Angebot zum Submissionstermin abzugeben. Sie erlischt mit der Rückgabe durch den Besteller oder mit Ende der Zuschlags- bzw. Bindefrist. Falls es zu einem Auftrag kommt, wird die Bietungsbürgschaft gegen eine Ausführungsbürgschaft bzw. Vertragserfüllungsbürgschaft ausgetauscht. 

  • Ausführungsbürgschaft/-garantie
    (engl.: performance guarantee)

    Die Ausführungsbürgschaft dient dazu, dem Auftraggeber Geld für Ersatzleistungen und/oder für eventuelle Schadensersatz bereitzustellen, falls der Auftragnehmer in der Ausführungsphase seinen vertraglichen Leistungspflichten nicht mehr vollständig nachkommt bzw. die Arbeiten vor Vollendung der Bauleistung einstellt. Die Ausführungsbürgschaft ist nach Vertragsschluss durch den AN zu stellen und weist i. d. R. eine Höhe von 5% bis 10% der Auftragssumme aus. Sie endet mit der erfolgreichen Abnahme und wird gegen eine Mängelbeseitigungsbürgschaft abgelöst. Bei vereinbarten Teillieferungen bzw. Zwischenabnahmen ist eine Reduzierungsklausel vorzusehen.

  • Mängelbeseitigungsbürgschaft/-garantie
    (auch: Mängelansprüche- / Gewährleistungsbürgschaft)
    (engl.: guarantee for warranty obligations, warranty guarantee)

    Eine Mängelbseitigungsbürgschaft wird ausgestellt, damit der Auftragnehmer seinen vertraglichen Verpflichtungen während des Gewährleistungszeitraumes nachkommt (= Mängelbeseitung, Nachbesserungen). Erfolgt dies nicht, kann der Auftraggeber die Bürgschaft in Anspruch nehmen und eventuelle Ersatzleistungen damit bezahlen oder seinen Schaden kompensieren. Sie hat i. d. R. eine Höhe vom 3% bis 5% der Auftragssumme und ist dem Auftraggeber vor der Bezahlung der Schlussrechung auszustellen. Die Bürgschaftsdauer richtet sich nach dem vertraglich vereinbarten Gewährleistungszeitraum.       

  • Vertragserfüllungsbürgschaft/-garantie
    (auch: Erfüllungsbürgschaft)
    (engl.: performance bond, performance guarantee) 

    Die Vertragserfüllungsbürgschaft ist eine kombinierte Ausführungsbürgschaft und Mängelbeseitigungsbürgschaft. Sie erspart den Austausch der Ausführungsbürgschaft mit einer Mängelbeseitigungsbürgschaft zum Zeitpunkt der erfolgreichen Abnahme. Der AN muss zu diesem Zeitpunkt jedoch die Bürgschaftssumme anpassen lassen.  
    Die Vertragserfüllungsbürgschaft soll die ordnungsgemäße, vertragliche Ausführung durch den Auftragnehmer zu gewährleisten.

  • Vorauszahlungsbürgschaft/-garantie
    (auch: Anzahlungs- / Rückzahlungsbürgschaft)
    (engl.: advance payment bond, advance payment guarantee)

    Für eine vom Auftraggeber erbrachte Vorauszahlung hat der Auftragnehmer eine Vorauszahlungsbürgschaft zu stellen, damit die Rückerstattung der Vorauszahlung abgesichert ist. Da der erhaltene Vorauszahlungsbetrag i. d. R. über die regelmäßigen Abschlagszahlungen sukzessiv an den Auftraggeber zurückgezahlt wird, ist die Höhe der Vorauszahlungsbürgschaft stetig zu mindern. Kommt der Auftragnehmer seiner Leistungspflicht nicht mehr nach, ist der Restbetrag der erhaltenen Vorauszahlung durch die Bürgschaft gedeckt. Die Höhe der Bürgschaft hängt von der Höhe der erhaltenen Vorauszahlung ab (i. d. R. 10% bis 30% der Auftragssumme). Die Laufzeit der Bürgschaft geht bis zur Beendigung der Lieferungen und Leistungen.

  • Zollbürgschaft/-garantie (AN an Zollbehörde)
    (engl.: customs guarantee)

    Bei grenzüberschreitenden Projekten fallen immer auch Zollverpflichtungen für die temporäre Ein- und Ausfuhr von Geräten, Maschinen, Anlagen, Baustelleneinrichtung usw. an. Bei der Zollbürgschaft ist der Begünstigte die Zollbehörde und nicht der Auftraggeber. Auf die Zoll-Besonderheiten eines jeden Landes ist genau zu achten.

  • Lieferbürgschaft/-garantie
    (engl.: delivery guarantee)

  • Zahlungsbürgschaft/-garantie (AG an AN)
    (engl.: payment guarantee)

    Die Zahlungsbürgschaft sichert den Zahlungsanspruch des Auftragnehmers auf die Auftragssumme ab. Sie ist vom Auftraggeber zu stellen. Häufig entfällt diese jedoch, da der Auftraggeber eine Vorauszahlung gewährt.

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Literaturquellen zu diesem Thema

  • Beck'sche Kurz-Kommentare (2012); Palandt - Bürgerliches Gesetzbuch; Kommentare von Sprau u. a. zu §§ 765 ff.
  • Olfert (2004); Lexikon der Betriebswirtschaftslehre
  • Jacob (2006); Finanzierung und Bilanzierung in der Bauwirtschaft
  • Kulick (2010); Auslandsbau
  • Schwarz (2010); Vorlesungsskript UniBwM "Kaufmännische Belange im Auslandsbau"

 

Bearbeitungsstand dieser Webseite: 28.12.2012

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